Vollkommen absurd, total verdreht und absolut genial
Bei der Lektüre dieses Romans muss man wirklich vollkommen konzentriert sein. Sonst lässt sich den Windungen und Wendungen schwerlich folgen.
Denn im Grunde handelt es sich um einen Roman im Roman im Roman im …
Weil nämlich der eine Protagonist, der Trauerredner Franz Escher, einen Roman liest über einen Ex-Mafioso, der einen Roman liest über einen Trauerredner, der ….
Aber der Reihe nach: Franz Eschers Steckdose hat einen Wackelkontakt, weshalb er einen Elektriker bestellt. Während er auf diesen wartet, beginnt er ein Buch zu lesen. Dieses Buch handelt von Elio Russo, der als Kronzeuge gegen diverse Mafia-Bosse ausgesagt hat und deswegen im Zeugenschutzprogramm ist. Elio, oder besser jetzt Marko, ist inzwischen verheiratet und Vater einer Tochter. Und er liest ein Buch über einen Mann namens Franz Escher.
Dieser, nicht nur ein begnadeter Trauerredner, sondern auch besessener Puzzleliebhaber, liest also die Geschichte von Marko, während dieser die Geschichte von Franz liest. Als ein Unglück geschieht, für das sich Franz die Schuld gibt, liest Markos Tochter Ala weiter in dem Buch. Franz‘ Schuldgefühle sorgen schließlich für immer mehr Verwirrung, Verwicklung und Verwunderung auf allen Seiten.
Mehr über den Inhalt lässt sich nicht zusammenfassen. Zum einen, weil man sonst die Pointen vorwegnehmen würde und zum anderen, weil das Ganze eben so verzwickt verwoben, so geschickt konstruiert ist, dass man es nicht in wenigen Sätzen erzählen könnte.
Dabei ist das eigentlich Geniale, wie Wolf Haas die Übergänge schafft zwischen dem einen und dem anderen Roman beziehungsweise der einen und der anderen Geschichte. Denn diese Übergänge erfolgen stets fließend, ganz unauffällig, wenn Franz, um sich die Wartezeit zu vertreiben, wieder weiterliest, oder wenn Marko oder Ala aus dem gleichen Grund wieder zum Buch greifen. Das ist der Grund, warum man hochkonzentriert sein sollte beim Lesen, denn sonst verliert man schnell den Überblick.
Dazu kommen die herrlich beschriebenen Figuren, die Charaktere mit ihren Marotten, wie insbesondere Franz mit seiner Manie für Kunstpuzzle. Die dort gezeigten Gemälde haben auch immer wieder eine Bedeutung für ihn. Wie auch die Trauerredner-Kollegin Nellie Wieselburger.
Ein sehr unkonventioneller Roman, mit durchaus kritischen Untertönen zwischen den Zeilen, gut verpackt in Humor und Ironie. Ein Roman, der Spaß macht, der unterhält und den man ganz sicher nicht so schnell wieder vergisst.
Wolf Haas – Wackelkontakt
Hanser, Januar 2025
Gebundene Ausgabe, 239 Seiten, 25,00 €