Stephan Waldscheidt  – Konfliktschmiede

⭐⭐⭐⭐

Warum gute Romane Konflikte brauchen – wie immer gelungener, aber sehr spezieller Ratgeber

Dass ich großer Fan dieses Autors von Ratgebern für das Kreative Schreiben bin, ist inzwischen bekannt. Daher habe ich auch so gut wie fast alle seine Bücher gelesen, manche mehrfach. Immer wieder finden sich wertvolle Tipps darin, aber vor allem geben diese Bücher sehr viel Motivation und Inspiration. Dazu lassen sie sich wunderbar lesen dank das leichtfüßigen, immer auch humorvollen Stils, der unterhaltsam ist, ohne belehrend zu wirken.

Nun also ein neuer Band, in dem es – wieder – um Konflikte im Roman geht. Wie schon im Vorgängerband dreht sich auch diesmal alles darum, wie wir Spannung durch die Schaffung von Konflikten erzeugen.

Denn ein Roman lebt von seinen Konflikten. Wären in einem Buch alle Figuren stets einer Meinung, würden sich alle ganz wunderbar vertragen, hätte niemand ein mehr oder weniger großes Päckchen Vergangenheit mit sich herumzutragen, dann wäre ein solcher Roman – Entschuldigung – stinklangweilig.

Sobald aber Gegensätze aufeinanderprallen, der Protagonist gegen seine inneren Monster ankämpfen muss, die Hauptfigur von den Erlebnissen ihrer Kindheit gequält wird, sobald das der Fall ist, fesselt uns die Handlung, lässt uns die Geschichte nicht wieder los, bis wir nicht das Ende und damit die Auflösung der Konflikte erreicht haben.

Stephan Waldscheidt dringt mit seinem neuen Buch immer tiefer in dieses Thema, diese Materie ein. Zuerst greift er einiges aus dem vorigen Band wieder auf, erklärt, wie Konflikt entstehen kann, was die Stellschrauben sind, die er die entflammbaren Faktoren nennt. Sobald ein Funke an diese Faktoren herankommt, entsteht das Feuer, sprich der Konflikt. Und je mehr an wir beim Schreiben an diesen Schrauben drehen, je intensiver wir das Feuer anfachen, desto mehr Spannung und/oder Suspense entsteht.

Da gibt es die Figuren, ihre Vergangenheit, ihr inneres Ungleichgewicht, ihre physische oder psychische Befindlichkeit, somit ihre inneren Konflikte. Es gibt die Beziehungen zwischen den Figuren, am simpelsten und am unverzichtbarsten den zwischen Protagonist und Antagonist. Zur Erinnerung: Letzteres muss keine Figur sein, auch ein inneres oder äußeres Problem, eine Krankheit und ähnliches können Antagonisten sein. Womit schon ein weiteres Potential für Konflikte genannt ist, nämlich die „Welt“ als Gegenspieler der Figur. Das kann sein die Natur, das Schicksal, Gott, das Übernatürliche. Es kann Technik als Gegenspieler in Erscheinung treten, die Umgebung, sprich der Schauplatz, oder materielle Dinge, wie finanzielle Probleme und ähnliches.

Dass das Ganze viel komplexer ist als man es in einer Rezension darstellen kann, ist selbstverständlich. Um seine Tipps und Ratschläge zu untermauern, verwendet der Autor wie stets unzählige Zitate und Beispiele, viele davon auch aus der Filmwelt. Hier ist allerdings in meinen Augen eines der wenigen Mankos seiner Bücher. Denn zumindest mir sind sehr viele, wenn nicht sogar die meisten der von ihm zitierten Bücher und Filme unbekannt. Das kann daran liegen, dass es sich vielfach um Bücher aus Genres handelt, die mir eher nicht liegen. Es führt aber leider dazu, dass mir die Beispiele dann auch nicht unbedingt weiterhelfen. Ein etwas breiter gefächertes Repertoire an Beispiellektüren wäre hier vielleicht hilfreich.

Davon abgesehen ist auch dieses Buch wieder ungemein hilfreich. Allerdings sehr spezifisch und sicher nur was für Fortgeschrittene, für Schreibende, die sich für diese spezielle Thematik interessieren, die sie für ihre weiteren Werke benötigen. Das mag einerseits ein Manko der Bücher von Stephan Waldscheidt sein, dass sie immer spezifischer werden, andererseits ist das auch ein großer Vorteil, ein wichtiger Unterschied zu den vielen, sehr allgemein gehaltenen Ratgebern, mit denen wir überschwemmt werden.

Stephan Waldscheidt  – Konfliktschmiede
Independent, Februar 2025
Broschur, 334 Seiten, 19,99 €


Schau auch hier: Stephan Waldscheidt – Feuer und Flamme und weitere

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