Christian Schnalke – Gewitterschwestern

Zwei Schwestern zwischen denen es beständig blitzt und donnert – selten hat ein Titel besser gepasst als hier. Und wer Geschwister hat, weiß, dass man sich nicht immer wunderbar verträgt. Aber hier erzählt Christian Schnalke, dessen Roman „Louma“ für mich eines der besten Bücher der letzten Jahre war, von zwei Schwestern, Grit und Fiona, die so zerstritten sind, dass sie seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr haben. Ja, man glaubt, sie sprechen nicht einmal dieselbe Sprache.

Grit ist die organisierte, vernünftige Ältere. Sie lebt in einer ehemaligen Burg, schwer belastet durch die hohen Renovierungsanforderungen. Und sie erzieht Milli, die 11-jährige Tochter.

Wegen dieser kommt nun Fiona zurück, nach so vielen Jahren, in denen sie nichts von sich hören ließ, in denen niemand wusste, wo sie ist und was sie tut. Nicht einmal zur Beerdigung der Mutter war sie nach Hause gekommen. Doch jetzt ist sie wieder da, mit einem bunt bemalten Sarg auf dem Autodach. Und sie fordert Milli. Denn die ist ihre Tochter und nicht die von Grit. Was diese dem Kind nie erzählt hat.

Nun kommt es wie zu erwarten ist: Milli erfährt diese Tatsache, hart und unvermittelt. Statt sich um das nun völlig verstörte Kind zu bemühen, streiten die beiden Frauen jedoch, streiten intensiv, brutal und rücksichtslos. So lange, bis Milli die Initiative ergreift. Sie verlangt etwas, sie stellt ihre beiden Mütter vor eine gemeinsame Herausforderung und bringt sie so dazu, immerhin wenigstens wieder miteinander zu reden.

Dabei erfährt dann die Leserin auch viel über die zahlreichen Verletzungen, die beide als Kinder erlitten. In Rückblicken wird die Geschichte erzählt, die Verhältnisse in der Familie, zum trinkenden Vater und der Mutter, die sich und ihn aufgegeben hatte. Bis auch dies, ebenso wie der Handlungsfaden in der Gegenwart, in die Klimax führt, den dramatischen Höhepunkt.

Für „Louma“ schwärme ich heute noch, die Geschichte um die Kinder einer verstorbenen Frau, die von ihren Vätern, die sich erst zusammenraufen müssen, aufgezogen werden. Dort hatte es Christian Schnalke geschafft, Figuren zu gestalten, die lebendig, authentisch und einzigartig waren. Und einen Plot, der abwechslungsreich, spannend und herzerwärmend war.

In diesem neuen Buch ist die Gestaltung der Figuren weniger plastisch, dafür etwas klischeelastiger. Die beiden Frauen sind fast Abziehbilder der Gegensätze, die sie darstellen sollen. Das ist mir etwas zu plakativ, zu abgedroschen. Die Handlung an sich hat etwas groschenheftartiges, diese Geschichte um zwei sich bekriegende Geschwister, quasi die weibliche Form von Kain und Abel. Auch das Kind, Milli, ist nicht so liebevoll, so plastisch geschildert wie die Kinderfiguren in „Louma“, wirkt blass.

Alles in allem ein sehr spannender, auch einfühlsamer, aber auch nicht so ungewöhnlicher Roman.

Christian Schnalke – Gewitterschwestern
Oktopus, Februar 2023
Gebundene Ausgabe, 302 Seiten,  22,00 €


Schau auch hier: Christian Schnalke – Louma

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