Julia Karnick – Am liebsten sitzen alle in der Küche

Dieser Roman ist dann doch ziemlich anders, als Titel und Klappentext erwarten lassen. Weder ist er so humorvoll noch so spritzig, wie beides glauben macht. Dennoch, vor allem aufgrund der authentisch geschilderten Frauenfiguren, mit lebensechten, alterstypischen Problemen und Sorgen, ist das Buch eine angenehme Lektüre.

Die Hamburger Autorin, die bislang Sachbücher und Kolumnen verfasste, stellt hiermit ihr Romandebüt vor. Sie erzählt von Almut, Tille und Yeliz, die sich mehr oder weniger zufällig kennenlernen und, wie in solchen Frauenromanen üblich, sehr schnell eine sehr enge Freundschaft schließen, die beinhaltet, dass frau sich alles erzählt. Wirklich alles …

Alle drei sind um die Fünfzig. Almut ist frisch getrennt, Tille eine strapazierte Urologin und geplagte Mutter eines Pubertiers, Yeliz lebt zusammen mit Morten und arbeitet in der Werbung. Die Geschichten der drei Frauen werden jeweils aus ihren eigenen Perspektiven erzählt. Einzige Verbindung zwischen den drei getrennten Handlungsverläufen sind die Treffen der Frauen, meist in Almuts Küche (Titel!). Almut ist die typische Hausfrau, die alle Probleme mit Kochen und Putzen löst, Tille eine typische gestresste Alleinerziehende und Yeliz eine typische erfolgreiche Geschäftsfrau. Und damit haben wir schon das Problem des Romans, denn alle drei sind eben dann doch schlicht Klischees.

Auch der im Klappentext angekündigte „Scheißkerl“, mit dem – welch ein (mühsam konstruierter) Zufall – alle drei ihre Probleme haben, taucht erst nach etwa der Hälfte des Buchs wirklich auf und der versprochene Höhepunkt, der sogenannte „raffinierte Plan“, mit welchem sie es ihm heimzahlen wollen, ist dann eher ein Plänchen. Mit anderen Worten, es dauert schlicht zu lange, bis etwas nennenswertes passiert in dem Roman, der ansonsten vor sich hin tröpfelt.

Dabei geschieht zu viel nebenher, gibt es zu viele Nebenfiguren und zu wenig echte Handlung. Es entsteht keine Spannung, jede Dynamik fehlt. Die Entwicklungen der drei Protagonistinnen sind so vorhersehbar, weil schon hundert Mal gelesen, die Dialoge sind seicht und langweilig, außer in den titelgebenden Gesprächen der drei Damen am Küchentisch. Da lebt der Roman, da ist Leben in den Figuren.

Alles in allem nett, aber nicht aus der Masse ähnlicher Romane heraustretend.

Julia Karnick – Am liebsten sitzen alle in der Küche
dtv, August 2022
Klappenbroschur, 352 Seiten, 16,95 €

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