Kristen Perrin – Das Mörderarchiv

⭐⭐⭐⭐

Cosy Crime um ein Mordopfer, das für die Aufklärung des eigenen Todes sorgt

Allein diese ungewöhnliche Idee weckt die Neugier auf den unterhaltsamen Roman aus England. Eine Frau, deren eigene Ermordung vorhergesagt wurde, sammelt ihr Leben lang Beweise, Verdächtigungen und Spuren auf den- oder diejenige, die sie irgendwann einmal ermorden würde.

Schließlich legt sie sogar testamentarisch fest, dass nur der oder die sie beerben wird, der diesen Mord aufklärt. Was naturgemäß dazu führt, dass sich all die potentiellen Erben – die natürlich gleichermaßen die naheliegendsten Verdächtigen sind – beeilen, den Mörder dingfest zu machen.

Zu diesen möglichen Erben gehört Annie, Großnichte der Ermordeten Frances. Annie ist ihrer Großtante nie begegnet, sie lebt in London mit ihrer Mutter allerdings in deren Haus. Dort im Keller wurden und werden immer noch viele Koffer und Kisten von Frances aufbewahrt. Falls es Annie nicht gelingt, den Mörder zu finden, würden also auch sie und ihre Mutter das Dach über dem Kopf verlieren.

Zweiter möglicher Erbe ist ein Stiefneffe der Verstorbenen. Außerdem treten auf: Der Anwalt der Toten, sein Schnösel von Sohn, ein attraktiver Kommissar und viele Dorfbewohner, die alle auf die eine oder andere Weise in den Fall verstrickt sein können.

Auf zwei Zeitebenen erzählt Kristen Perrin, deren erster Roman für Erwachsene das Buch ist, von den Ereignissen. Das aktuelle Geschehen verfolgen wir aus der Perspektive der Ich-Erzählerin Annie, die unvoreingenommen und durchaus burschikos an die Sache herangeht. Die zweite Zeitebene erzählt von Frances, beginnend in ihrer Teenagerzeit, als man ihr ihren eigenen Mord prophezeite. In vielen Tagebucheinträgen erfährt man so vom damaligen Verschwinden einer Freundin Frances‘ und den Verwicklungen der anderen Jugendlichen und vor allem der Familie des Landguts, auf welchem Frances später lebte und starb.

Die Geschichte ist ausgesprochen unterhaltsam, witzig, lebendig, spannend. Der Schreibstil ist ungemein flüssig, nie langweilt man sich bei der Lektüre, selten ist ein Wort zu viel. Die Autorin hält sich nicht auf mit Nebenschauplätzen, mit zu viel Beschreibung, zu viel Tiefgang. Die Figuren sind sympathisch, nicht ganz klischeefrei, aber in ihren Absonderlichkeiten liebenswert. Die Auflösung schließlich ist kaum vorhersehbar, weil sehr gut konstruiert.

Es gibt allerdings einige grobe Schnitzer, Fehler in der Chronologie oder anderer Art, die aus der Lektüre herausreißen, ungemein verwirren, bis man sie als solchen Fehler erkennt. Das tut der Freude über den Lesespaß zwar keinen Abbruch, hätte aber durch ein sorgfältiges Lektorat sicher vermieden werden können.

Kristen Perrin – Das Mörderarchiv
aus dem Englischen von Susann Rehlein
Rowohlt polaris, Januar 2024
Taschenbuch, 396 Seiten, 18,00 €

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