Pip Williams – Die Buchbinderin von Oxford

⭐⭐⭐

Interessante Einblicke in die Buchherstellung vor über 100 Jahren

In England können Frauen im Jahr 1914 noch nicht einfach so studieren. Solche aus ärmeren Verhältnissen schon gar nicht. Und so träumt Peggy weiter davon, irgendwann einmal zu diesen selbstbewussten Frauen zu gehören, die täglich die Gebäude voller Wissen und voller Bücher betreten.

Peggy hingegen arbeitet als Buchbinderin in einem Verlag, zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Maude. Die beiden leben seit dem Tod ihrer Mutter allein auf einem Hausboot, kommen finanziell geradeso über die Runden und haben neben ihrer Arbeit wenig Ablenkung oder Freude.

Allerdings schöpft Peggy ihre Lebensfreude aus den Büchern. Sie, die tagein, tagaus die Druckbögen falzt, zu Büchern zusammenfügt und bindet, liest für ihr Leben gern. So nimmt sie immer mal verunglückte, ungeschickte gefalzte Buchbögen mit nach Hause. So liest sie Bruchstücke von Romanen, Einzelseiten von Wörterbüchern oder Auszüge aus einem Gesamtwerk über Shakespeare.

Maude hingegen ist zufrieden, den ganzen Tag zu falten. Bei der Arbeit die Druckbögen, zuhause viele verschiedene Tiere aus Papier. Sie ist besonders, ist vielleicht behindert, vielleicht Autistin, jedenfalls aber empfindet Peggy sie als Belastung, kann man Maude doch nie unbeaufsichtigt lassen.

Als der Krieg beginnt, übernimmt Peggy Aufgaben als Betreuerin von Verwundeten, vor allem belgischen Soldaten. Hier lernt sie nicht nur Bastiaan kennen, sondern auch die unabhängige, selbstbewusste Gwen, eine Studentin, wie Peggy gerne eine wäre. Gwen bringt Peggy schließlich auch in Kontakt mit der zu dieser Zeit sehr aktiven Frauenbewegung.

Ehrlich gesagt war das Spannendste an diesem Roman noch die Beschreibung der Buchherstellung. Man lernt sehr detailliert, wie damals Bücher von Hand gebunden wurden, wie das Kollationieren geschieht und welche Sorgfalt und Ordnung das alles erfordert. Die eigentliche Handlung zieht sich sehr, vieles dreht sich darum, dass sich Peggy eingesperrt fühlt, dass sie oft eifersüchtig auf Maude ist, die viel schneller Freundschaft schließt als sie selbst.

Ich wurde nicht warm mit dieser Protagonistin und daran lag es wohl auch, dass mich der Roman nicht recht überzeugte, nicht wirklich erreichen konnte. Die Erwartung, die ich an die Lektüre hatte, konnte er jedenfalls nicht erfüllen.

Pip Williams – Die Buchbinderin von Oxford
aus dem Englischen von Christiane Burkhardt
Heyne, November 2023
Gebundene Ausgabe, 509 Seiten, 22,00 €

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