Freya Sampson – Menschen, die wir noch nicht kennen

aus dem Englischen von Susanne Höbel

Warmherziger Roman um Freundschaft und Treue

Wie in ihrem Debütroman „Die letzte Bibliothek der Welt“ finden sich auch im neuen Buch der englischen Autorin Menschen zusammen, die alle ihr Päcklein zu tragen haben und durch Freundschaft und gegenseitiges Vertrauen sowohl zueinander wie auch aus ihren Problemen heraus finden.

Das könnte kitschig und rührselig sind, ist es auch an mancher Stelle, doch die mit so feiner Feder und viel verständnisvoller Beobachtungsgabe gezeichneten Figuren machen das wett. Zwar ist auch diesmal, wie im Vorgängerroman, das Ende ein bisschen zu süßlich, aber auch das empfindet man nicht als störend, weil es einfach zum Roman passt.

Auch die Vorhersehbarkeit nimmt man gerne in Kauf bei einer so liebevoll erzählten Geschichte. Protagonistin ist Libby, die von ihrem Freund quasi vor die Tür gesetzt wurde, weil er sich in ihrer Beziehung langweilt. In Ermangelung anderer Optionen schlüpft sie bei ihrer Schwester unter, die sie gleich als kostenlosen Babysitter zwangsverpflichtet. Im 88er Bus trifft Libby auf Frank, einen sehr alten und bereits leicht unter Demenz leidenden Mann, der seit 60 Jahren immer mit diesem Bus fährt, weil er damals dort seine Traumfrau traf, nur um sie unmittelbar danach wieder zu verlieren.

Zugegeben, das ist schon ziemlich unrealistisch, doch Frank ist so sympathisch und seine Erklärung, warum er nach so vielen Jahrzehnten immer noch hofft, diese Frau wiederzutreffen, berührt Libbys Herz. Also, auch weil sie ansonsten wenig mit sich anzufangen weiß, beginnt sie, nach der Frau zu suchen, deren Namen sie nicht kennt. Mehr gegen ihren Willen hilft ihr dabei Dylan, der Pfleger Franks, der sie erst fürchterlich erschreckt, ihr dann aber immer wichtiger wird.

Auf der Suche nach der Verschollenen treffen sie andere Menschen, die ebenfalls auf mancher Suche sind. Eingefügt zwischen die aus Libbys Perspektive geschilderten Ereignisse folgen wir einer alten Frau in ihren Gesprächen mit Percy, doch lange bleibt offen, um wen es sich dabei handelt. Das gibt dem Roman Spannung und Geheimnis.

Das Buch liest sich flüssig, die Dialoge sind realistisch. Es ist ein sehr warmherziger Roman mit vielen sympathischen Figuren und dem nötigen Unsympath in Gestalt von Libbys Ex-Freund. Trotz der Vorhersehbarkeit birgt die Handlung ausreichend Überraschungen, so dass man jede Seite erwartungsvoll umblättert.

Auf weitere Bücher von Freya Sampson freue ich mich schon heute.

Freya Sampson – Menschen, die wir noch nicht kennen
aus dem Englischen von Susanne Höbel
DuMont, April 2023
Gebundene Ausgabe, 399 Seiten,  23,00 €


Schau auch hier: : Freya Sampson – Die letzte Bibliothek der Welt

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