Bert Wagendorp – Ferrara

aus dem Niederländischen von Andreas Ecke

Dieser Roman ist die Fortsetzung eines Bestsellers mit dem Titel „Ventoux“. Leider gibt der Verlag in seinem Programm darauf keinen Hinweis, man wird erst durch einen Aufkleber auf dem Cover darauf aufmerksam gemacht.

Doch auch ohne den ersten Band zu kennen, findet man schnell hinein in diese Geschichte um vier Männer, alle knapp über 50 und auf der Suche nach etwas, das sie selbst nicht benennen können. Ist es das Leben, das sie verpasst zu haben glauben? Ist es die Liebe, die irgendwann verloren ging? Oder suchen sie gar nicht, weil sie längst alles gefunden haben, ihnen dies aber nicht bewusst ist?

Der Roman ist sehr philosophisch, man gerät ins Nachdenken, ins Sinnieren über das eigene Leben, während man Bart, den Ich-Erzähler, und seine Freunde Joost, David und André  während eines heißen Sommers nach Ferrara begleitet. Joost möchte dort ein Design-Hotel eröffnen und wird dabei unterstützt von der gut aussehenden Architektin Bianca, an der auch Bart Gefallen findet. André ist Millionär, David führt ein Restaurant und Bart ist Schriftsteller. Alle lassen ihre Tätigkeiten zurück und wollen Joost bei der Renovierung des Hotels helfen, bleiben über Monate in Italien.

Aufregend wird ihr Aufenthalt, als Anna, Barts Tochter, sie besucht. Anna ist Journalistin und, sehr zu Barts Beunruhigung, an gefährlichen Orten unterwegs. Seine Angst um seine Tochter vor allem wird über lange Strecken im Roman thematisiert, sehr einfühlsam und nachvollziehbar. Auch dass sie darüber wenig froh ist und dass dies zu Konflikten führt, all das beschreibt Bert Wagendorp mit viel Verständnis und Empathie. Daneben verliert er sich zwar immer wieder in langatmigen Ausflügen in die Geschichte Italiens und Ferraras, was die eigentliche Handlung verlangsamt, gleichzeitig aber voll und ganz in den Rahmen des Romans passt.

Es geschieht nicht viel, bis auf ein Ereignis, das man in einer Rezension nicht erwähnen kann, um nicht zu spoilern. Dennoch ist der Roman ungemein fesselnd, er zieht die Leserin regelrecht hinein. Beim Lesen fühlt man die Hitze auf den Straßen, spürt die Spannung zwischen Bart und seiner Tochter, die Reibungen zwischen den Männern, die sich auf langen Radtouren entlädt. Und man folgt gespannt den Begegnungen, sei es mit einem uralten Mönch oder einem sehr geheimnisvollen Fischhändler.

Ein rundherum gelungener Roman, dessen Bann noch wirkt, lange nachdem man die letzte Seite gelesen hat.

Bert Wagendorp – Ferrara
aus dem Niederländischen von Andreas Ecke
btb, Juni 2022
Gebundene Ausgabe, 284 Seiten, 22,00 €

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