Figurenreiche, verwickelte Story in malerischem, geheimnisvollem Setting
Diese Geschichte spielt im Jahr 1933 auf der kleinen Kanalinsel Sark, nicht viel mehr als ein Felsen im Kanal. Eine Insel mit wilder Natur und dem gefährlichen Meer, mit Geschichten und Geschichte, mit Mysterien und Mystik. In Rückblicken werden zusätzlich noch Ereignisse aus dem Jahr 1923 erzählt.
Im Mittelpunkt steht ein geheimnisvoller Vorgang. An der Küste werden Kleidungsstücke gefunden, von einer Frau und einem Mann. Doch niemand kennt die Kleider noch weiß irgendwer, wem sie gehören oder was mit den beiden Menschen geschah. Die junge Phyllis, genannt Phyll, recherchiert unter den Bewohnern und schreibt über ihre Nachforschungen und die Ergebnisse der polizeilichen Untersuchungen für die Inselzeitung.
Die wenigen Bewohner der Insel, deren Familien oft seit Jahrhunderten dort leben, sind von Wind und Wetter geprägt, vom Glauben an Hexen, Spukgeschichten und an die Gefahren des Meeres. Und von den Erinnerungen an den Krieg, der erst wenige Jahre zurückliegt und aus dem nicht jeder Mann, der von Sark in den Krieg zog, zurückkam.
Die Verwicklungen zwischen den Menschen der Insel, die Beziehungen zwischen Phyll und Everard, dem Sohn des Hotelbesitzers, die schon als Kinder zusammen spielten, und die Erinnerungen an die früheren Ereignisse überlagern sich. Viel wird gerätselt, viel spekuliert, vor allem als tatsächlich irgendwann eine Leiche gefunden wird.
Erzählt wird dieser Roman auf heute eher ungewöhnliche Weise, im auktorialen Stil. Ein „Wir“ berichtet von diesen Vorkommnissen, kommentiert aus dem Off die Ereignisse, schildert die Gedanken der Betroffenen, kennt die Gefühle und Geheimnisse aller, macht dabei immer wieder geheimnisvolle Andeutungen. Immer wieder schweift dieser „Erzähler“ jedoch vom eigentlichen Geschehen ab, verliert sich in Beschreibungen der Insel, der Wege und Straßen von A nach B, greift alte Anekdoten und alte Hexengeschichten auf.
So wird die gesamte Erzählweise sehr verwickelt, sehr verworren und damit ziemlich anstrengend. Die Abschweifungen sind zu häufig, unterbrechen die Handlung, zerreißen den roten Faden. Dazu kommt das fast unüberschaubare Figurentableau mit unglücklicherweise zu vielen ähnlich klingenden Namen (allein die vielen mit E beginnenden Namen). Daher hat mich zwar Story und Setting durchaus interessiert, insgesamt aber war das Ganze dann doch eher zäh, mühsam, anstrengend, wenig spannend.
Mary Horlock – Das Geheimnis von Little Sark
Originaltitel: The Stranger’s Companion
aus dem Englischen von Birgit Salzmann
Oktopus, Juli 2025
Gebundene Ausgabe, 351 Seiten, 24,00 €