Marcel Huwyler – Frau Morgenstern und die Offenbarung

⭐⭐⭐⭐⭐

Als Oma friedlich dahinleben ist nichts für Auftragskillerin Morgenstern, wie gut, dass ein neuer Auftrag eintrifft

Eigentlich könnte sich Violetta Morgenstern, ihres Zeichens ehemalige Lehrerin und aktive Auftragsmörderin, längst zur Ruhe setzen. Immerhin teilt sie sich aber inzwischen ihre Stelle bei der Killeragentur mit Freund und Kollegen Miguel Schlunegger, damit sie sich die Kinderbetreuung ebenfalls teilen können. Denn Miguel hat seit der letzten Folge dieser absolut genialen und herrlich absurden Krimireihe seine Zwillingstöchter Ida und Frida bei sich und alle leben zusammen in Violettas Haus. Eine Patchworkfamilie par excellence, könnte man sagen.

Wäre da eben nicht der Beruf von Miguel und Morgenstern und wäre da nicht der Ägyptologe, der einen sensationellen Fund gemacht hat. Eine Mumie mitsamt einer Offenbarung, deren Text alles verändern würde, der die Schweiz, die ganze Nation ins Chaos stürzen würde, ja die ganze Welt. Was also mit der Offenbarung tun, wie deren Inhalt geheim halten, wo doch alle Grabungsmitarbeiter um diesen Text wissen?

Professor Gottlieb hatte sich an diverse Institutionen gewandt, doch nicht alle sind ihm wohlgesonnen. So kommt es, dass Violetta und Miguel den Auftrag bekommen, das gesamte Grabungsteam zu töten. Aber dann kommt ihnen jemand zuvor!

Das hat es noch nie gegeben und so graben die Beiden nun selbst tief, um die Hintergründe aufzudecken. Parallel bekommt Violetta noch eine Art Auftrag, sozusagen als Privatperson. Dabei geht es um eine ehemalige Schülerin von ihr, die zur großen Besorgnis ihrer Mutter ihr bisheriges Leben aufgegeben hat und verschwunden ist. Violetta soll sie finden und ihr ins Gewissen reden.

Derweil hat wiederum Miguel ebenfalls private Sorgen, steht doch das Jugendamt vor der Tür und ficht seine Vaterschaft der Zwillinge an. Zum Glück für Morgenstern bei ihrer Suche und Miguel bei seinem Problemen haben beide einen guten Draht zum IT-Nerd ihrer „Firma“, der ihnen wie schon so oft hilfreich zur Seite steht.

Es dauert eine ganze Weile, bis der Handlungsfaden um den Ägyptologen schließlich zu Miguel und Morgenstern führt, stattdessen sind beide ziemlich lange eher mit sich selbst beschäftigt. Auch laufen viele Handlungsfäden und somit etliche Erzählperspektiven lange nebeneinander her, so dass ich mich über viele Seiten schwertat, so richtig in das ganze Geschehen hineinzukommen. Es schien, als wäre ein winziges bisschen der Dampf raus aus Huwyler – der längst einer meiner absoluten Lieblingsautoren ist. Doch dann laufen natürlich all die verschiedenen Fäden irgendwann zusammen, die Spannung steigt, Kugeln fliegen durch die Luft, Geheimnisse klären sich auf und dann kommt der große Knall.

Dann nämlich kommt die absolute Pointe, die für alle Nebensächlichkeiten, Abschweifungen und Dröseligkeiten der bisherigen Seiten dutzendfach entschädigt. Diese Pointe, der Inhalt der Offenbarung, ist so absolut gelungen, so ein genialer, irrwitziger und typisch Schweizerischer Witz, dass ich lange nicht aufhören konnte zu lachen. Allein für diese wenigen Seiten am Ende lohnt es sich, den gesamten Roman zu lesen.

Wobei es sich natürlich immer und grundsätzlich lohnt, die Bücher von Marcel Huwyler zu lesen. Sein Schreibstil, sein Wortwitz, seine sprachlichen Kapriolen machen die Lektüre seiner Bücher zu einem einmaligen Vergnügen. Und auch wenn Violetta Morgenstern längst das Pensionsalter erreicht hat, wünsche ich mir noch viele Arbeitsjahre für sie, vulgo weitere Romane mit ihr als Protagonistin.

Danke an Marcel Huwyler für diese Frauenfigur und alle Romane mit ihr.

Marcel Huwyler – Frau Morgenstern und die Offenbarung
grafit, September 2025
Taschenbuch, 282 Seiten, 16,00 €


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