Eher enttäuschend – dröge und sentimentale Geschichte, neu aufgelegt
Es kommt immer wieder vor – und immer wieder zeigt sich, dass es nicht unbedingt eine gute Idee ist. Die Neuauflage älterer, wenig erfolgreicher Romane, sobald eine Autorin berühmt ist und alle ihre Bücher gekauft werden, ob gut oder schlecht.
Diese Neuerscheinung war zuerst 2004 unter dem Titel „Suzannas Coffee-Shop“ herausgekommen. Die damals titelgebende Suzanna soll, auch laut Klappentext, die Protagonistin des Romans sein. Leider – ein absolutes No Go in einem Roman – tritt die Figur erst auf Seite 85 (!) zum ersten Mal auf.
Vorher muss man sich durch etliche Seiten arbeiten, die aus verschiedenen Perspektiven geschrieben sind, ohne dass man erfährt, in welcher Beziehung die auftretenden Personen zu der angeblichen Protagonistin stehen.
Und so geht es weiter. Man liest mal eine Szene aus Suzannas Perspektive, dann eine aus der Sicht von Vivi, ihrer Stiefmutter. Dazwischen tauchen einzelne Abschnitte auf, anders als die sonst in der dritten Person erzählten in Ich-Form geschrieben, deren Zusammenhang man lange überhaupt nicht versteht, treten darin doch Figuren auf, die noch gar nicht auftauchten oder nur ganz nebenbei mal erwähnt wurden.
Thema der Geschichte ist Suzannas gestörtes Verhältnis zu ihrer Familie. Ihre leibliche Mutter, bei ihrer Geburt gestorben, ihre Stiefmutter sehr liebevoll und zugewandt, der Vater eher abweisend, verschlossen. Dazu ihr eigener Ehemann Neil, der sich sehnlichst ein Kind wünscht, wozu Susanna noch nicht bereit ist.
Suzanna ist eine larmoyante, stets mit allem unzufriedene junge Frau, wenig aufgeschlossen gegenüber anderen Menschen, ständig über Neil und seine immer gut gemeinten Vorschläge und Pläne nörgelnd. Sie glaubt, in einem kleinen Laden, den sie in dem Dorf, in dem sie aufgewachsen ist und wohin sie zusammen mit Neil aus finanziellen Gründen zurückgekehrt ist, ihre Zukunft und Bestimmung zu finden.
In diesem Laden, wo sie Kaffee und Kuchen anbietet und kleine Dekoartikel, Bilder und ähnliches, kommt sie mit anderen Menschen zusammen, zuerst vor allem mit der munteren Jessie. Doch Suzanna muss erst lernen, sich zu öffnen, mit Menschen umzugehen. Nach und nach geschieht dies und dann taucht Alejandro auf, ein Brasilianer, der neu im Dorf ist.
Spätestens, wenn man das bereits auf dem Klappentext gelesen hat, weiß man, wohin die Reise geht. Leider konnte mich der Roman dennoch überhaupt nicht fesseln. Mich störte die ziemlich unsympathische, ständig jammernde und klagende Protagonistin. Mich störten die vielen und überraschenden Perspektivwechsel, die Einschübe in Ich-Form, deren Sinn sich lange gar nicht erschließt. Mich störte, dass man im Grunde gar nicht wirklich erkennt, wer die Protagonistin ist, Suzanna oder Vivi, ihre Stiefmutter. Denn viele Szenen werden aus deren Sicht erzählt und eigentlich ist sie die viel interessante und sympathischere Figur.
Auch ist der Schreibstil weit weg von dem, den man sonst von Jojo Moyes kennt und mag. Es ist erstaunlich, wie groß der qualitative Unterschied bei ihren Romanen sein kann. Manche ihrer Bücher sind sensationell gut, sehr berührend, spannend und wirklich gut geschrieben. Andere dagegen höchstens Mittelmaß, dröge, kitschig, sentimental, voller Phrasen, langweilig.
So ist auch dieser neu aufgelegte Roman eher enttäuschend. Empfehlen kann ich ihn leider nicht.
Jojo Moyes – Ein ganz besonderer Ort
Originaltitel: „The Peacock Emporium“
aus dem Englischen von Karolina Fell
Rowohlt Polaris, August 2025
Klappenbroschur, 493 Seiten, 18,00 €
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