Carla Eisfeldt – Lügen sind Rudeltiere

⭐⭐⭐⭐

Mord und Totschlag im Immobilienmilieu – Unterhaltsamer Krimi um eine leicht konfuse Hobby-Ermittlerin

Dass es für mich als in Frankfurt Geborene ein besonderes Vergnügen ist, einen dort spielenden Roman zu lesen, muss sicher nicht extra betont zu werden. Noch dazu, wenn er so temporeich und flüssig geschrieben ist wie dieses Krimi-Debüt.

PR-Beraterin Romy hat ein seltsames Vergnügen daran, fremde Beerdigungen zu besuchen. Bei der Beisetzung eines Mordopfers beobachtet sie merkwürdige Vorgänge und schlittert so, auch dank ihrer Impulsivität und ihrer unkontrollierbaren Neigung zum Lügen, in eine Affäre um Mord und Erpressung größeren Ausmaßes.

Romy ist eine junge alleinstehende Frau, oft am Rand der Pleite und gut befreundet mit ihrer Nachbarin, der älteren Margit, die sich besorgt zeigt um das Liebesleben Romys. Romys Geschichte folgen wir in einer der Erzählperspektiven in Ich-Form, dazwischen eingeschoben kürzere Kapitel aus Sicht von Margit, in der dritten Person geschrieben, und ein paar wenige Szenen im Rückblick aus der Sicht des Mordopfers Lukas Dellbrück, mit dessen Beerdigung Romys ganzer Schlamassel beginnt.

Weitere Rollen in der sich nun entwickelnden turbulenten Geschichte spielen ein Herrenmantel, ein hoher Geldbetrag, eine Gucci-Handtasche sowie diverse Droh- und Erpresserschreiben. Dazu treten auf ein wirklich extrem gutaussehender Projektentwickler, seines Zeichens der Bruder des Ermordeten, ein älterer erfolgreicher Konkurrent ebendieses Bruders, plötzlich ins Koma gefallen, ein schnöseliger schnauzbärtiger Kommissar sowie ein zartbesaiteter Fotograf, in heißer Liebe entbrannt zum Ermordeten.

Romy bringt es fertig, sich komplett in dieses Konstrukt zu verstricken, ohne wirklich zu verstehen, worum es eigentlich geht. Natürlich, so muss es sein, gerät sie am Ende selbst in Gefahr und natürlich wird sie gerettet (das ist kein Spoiler, oder?).

Die Frankfurter Autorin, die nach Kurzgeschichtenbänden hier ihr Romandebüt vorlegt, erschafft eine durchaus liebenswerte Protagonistin. Doch manchmal war sie mir dann doch zu überdreht, waren ihre Aktionen zu unlogisch, zu impulsiv, nicht nachvollziehbar. Auch dreht sich ihr Gedankenkarussell zu viel und zu schnell, da wird vieles ausgesprochen, was man nicht alles wissen muss.

Wer der Mörder war ist mir recht früh klar gewesen (vielleicht weil seine Beschreibung ein wenig arg dick aufgetragen ist), die Twists sind einerseits meist sehr gelungen, bergen einige Überraschungen, andererseits kann die Autorin nicht jedes Klischee umschiffen, was aber nicht schlimm ist, wenn so leichtfüßig erzählt wird, ohne dabei leichtgewichtig zu sein.

Viele verzwickte Hintergründe für die Tatmotive hat sich die Autorin einfallen lassen, daher wird die ganze Geschichte irgendwann aber auch ein bisschen arg verwickelt und ein wenig unübersichtlich.

So recht hat sich mir während der ganzen Lektüre nicht erschlossen, warum Romy eigentlich auf eigene Faust ermittelt. Aber die Frage stellt sich im Grunde bei jedem Hobbydetektiv in solchen Krimigeschichten.

Immer wieder gibt es Andeutungen über Romys „Geheimnis“, über etwas, das sie quält – es geht um das ungeklärte Verschwinden ihres Vaters. Doch das wird immer nur in Nebensätzen erwähnt, hier wäre mehr Raum gewesen, um auch der Person mehr Tiefe, mehr Ernsthaftigkeit zu geben. Denn Romy ist ziemlich oberflächlich, impulsiv, spontan, unkontrolliert. So dass man ihr auch nur schwer ihre beruflichen Fähigkeiten abnimmt, die so gar nicht zum Rest der Figur passen wollen.

Auch wenn Margit eine nette Figur ist und für Unterhaltungswert sorgt, sind die Kapitel mit ihr für die Handlung im Grunde meist ganz unerheblich, wo doch in einen Krimi eigentlich nur Szenen gehören, die auch zum Fortschritt der Handlung beitragen.

Für ein Debüt finde ich diesen Krimi wirklich gelungen, Abstriche mache ich u.a. wegen der Länge, denn manches war zu umständlich erzählt. Dazu blieben alle Figuren, auch Romy, leider ein wenig flach, hatten keinen Background, keine eigene Geschichte, nicht mal Margit so wirklich, trotz der vielen Hinweise auf ihre Fußpflege-Kolleginnen.  

Insgesamt ein durchaus lesens- und empfehlenswertes Debüt, das Lust auf mögliche Fortsetzungen macht. Vielleicht bekommen Romy und Margit und andere dann auch mehr Profil.

Carla Eisfeldt – Lügen sind Rudeltiere
Gmeiner, August 2025
Taschenbuch, 467 Seiten, 15,00 €