Hannah Lühmann – Heimat

⭐⭐⭐⭐

Erschreckende und auch etwas anstrengende Geschichte um Mütter und Tradwives

Eine junge Familie zieht aus der Stadt hinaus in eine beschauliche Wohnsiedlung. Jana, mit dem zweiten Kind schwanger, hat – ohne es mit ihrem Mann abzusprechen – unvermittelt ihre Stelle gekündigt und wird so zur „Nur“-Hausfrau und Mutter von Sohn Louis. Ehemann Noah, Lehrer, ist von ihre Entscheidung nicht begeistert und das nicht nur aus finanziellen Gründen.

Jana ist so nicht ausgelastet, auch wenn sie beständig jammert, wie sehr die Mutterrolle sie belastet, was sie alles zu tun und zu besorgen hat, ohne dass ihr Mann ihr ausreichend helfen würde. Dennoch findet sie Zeit, im Café zu sitzen. Dort lernt sie Karolin kennen, eine Mutter aus der gleichen Siedlung.

Über Karolin gerät Jana in einen Kreis von weiteren Müttern kleiner Kinder. Alle scheinen überglücklich in ihren Mutterrollen, in ihrem Leben, welches sich ausschließlich um Kinder, Mann, Haus und Küche dreht. Janas Faszination für insbesondere Karolin wächst stetig, sie folgt Karolins Instagram-Feed geradezu süchtig, möchte sein wie sie.

Doch hinter der so heilen Fassade scheint auch nicht alles so glänzend, immer öfter entsteht der Eindruck, in Karolins Ehe läuft nicht alles wie es soll.

Geschickt zeigt Hannah Lühmann anhand einer Diskussion der Frauen über einen Erziehungsratgeber, wohin die Chose läuft. In dem Buch, welches die Mütter in einer Art Lesezirkel besprechen, geht es vor allem darum, die Unterbringung von Kindern in Kitas zu verunglimpfen, darzustellen, wie sehr diese frühkindliche Fremdbetreuung Kindern angeblich schadet. Erst eher konträr in ihrer Meinung lässt sich Jana immer mehr in diese Überzeugungen hineinziehen.

Nach und nach wird die ganze Geschichte dann allerdings etwas verworrener. Hinzu kommen immer mal wieder Anspielungen auf bestimmte Parteien und deren Ansichten, so, wenn Jana an einen Werbestand der AfD kommt.

Thematisch ist dieser Roman sehr interessant und durchaus fesselnd. In der Umsetzung fand ich das Buch jedoch nicht ganz so gelungen. Zum einen ging mir die Wandlung in Jana zu schnell, waren die Schritte in ihrer Entwicklung und was genau ihre Veränderung im Einzelnen auslöste, für mich nicht klar genug dargestellt. Dazu wirkten vor allem die Nebenfiguren, wie die anderen Mütter, arg klischeelastig, eher wie Abziehbilder. Sie waren auch nicht viel mehr als Stichwortgeber.

Dann aber vor allem störte mich die Protagonistin Jana, ihr Jammern und Klagen über die so schrecklich hohe Belastung durch ihr eines kleines Kind. Was für ein Luxusproblem, welches hier derart aufgebauscht wurde. Ich mag das bald nicht mehr lesen, es scheint in den letzten Monaten, wenn nicht Jahren, geradezu modern, Romane über die armen gestressten jungen Mütter zu schreiben. Bei allem Verständnis und Mitgefühl für die Belastungen, denen Mütter mit Kleinkindern ausgesetzt sind (und ich weiß, wovon ich rede), das ist doch schlicht normal, es ist Alltag. Und in diesen Romanen sind es noch dazu meist gerade die gut situierten Mütter, die Frauen von oft durchaus hilfsbereiten Männern, die auf diesem hohen Niveau jammern. Was bitte sollen all die alleinerziehenden Mütter sagen, diejenigen, die weder Partner noch Großeltern, Tagesmütter oder Kitaplätze haben und dennoch ihr Leben meistern müssen?

Davon abgesehen war das Buch von Hannah Lühmann auch recht anstrengend, nicht leicht lesbar aufgrund der abgehakten Erzählweise, der kurzen Szenen. Ihr Schreibstil ist dabei wenig herausfordernd, eher simpel mit wenigen Highlights, dafür recht vielen Wortwiederholungen und Phrasen.

Insgesamt aufgrund der beschriebenen Eindrücke eine leicht eingeschränkte Leseempfehlung.

Hannah Lühmann – Heimat
hanserblau, August 2025
Gebundene Ausgabe, 171 Seiten, 22,00 €