Nicolas Barreau: Die Liebesbriefe von Montmartre

Eigentlich mag ich die Bücher von Nicolas Barreau. Hinter diesem Namen, so wird gemunkelt, verbirgt sich in Wahrheit eine deutsche Verlagsmitarbeiterin. Das würde erklären, warum für diesen Roman kein*e Übersetzer*in genannt wird und auch kein französischer Originaltitel, obwohl es sich, laut Autorenkurzbiographie im Klappentext, um einen in Paris lebenden Franzosen handelt soll. Aber wie auch immer, die bisherigen Romane von Nicolas Barreau haben mir in der Regel gut gefallen, sie waren geprägt von reichlich Romantik, einem zarten Humor und auch durchaus spannend.

Der vorliegende Band aber ist ihm doch sehr schmalzig geraten. Julien Azoulay, junger Vater eines kleinen Sohnes, ist frisch verwitwet. Seine über alles geliebte Frau Hélène starb vor einem halben Jahr an Krebs. Kurz vor ihrem Tod hat sie ihm das Versprechen abgenommen, ihr in den Folgemonaten 33 Briefe zu schreiben und diese auf ihrem Grab zu verstecken. Erst nach und nach kann sich Julien, ein mehr oder weniger erfolgreicher Schriftsteller – eine in Barreaus Büchern immer wiederkehrende Berufsgruppe – dazu durchringen, den Wunsch seiner Frau zu erfüllen. Auf der Rückseite des Grabsteins auf ihrem Grab gibt es eine verborgene Nische, worin er seine Briefe versteckt. Er erzählt niemandem davon, auch Arthur, der 4-jährige Sohn, erfährt nur durch Zufall davon und muss seinem Vater absolutes Stillschweigen versprechen. Um so mehr ist Julien überrascht, als eines Tages alle bisherigen Briefe verschwunden sind und er stattdessen diverse Kleinigkeiten, mal ein steinernes Herz, mal einen Vers, im Versteck findet.

Er verdächtigt seine Nachbarin, eine Freundin seiner verstorbenen Frau, die gerne eine engere Beziehung zu Julien hätte. Eine junge, muntere Steinmetzin, die auf dem Friedhof die Grabsteine instand hält und restauriert, ist ihm bei der Suche nach dem Urheber der mysteriösen Gegenstände keine wirkliche Hilfe.

Mir ist dieses neue Buch von Nicolas Barreau zu kitschig, zu schwülstig. Ich mag es gern ein wenig romantisch und es darf auch gerne mal der Schmalz ein bisschen dick aufgetragen sein. Aber diesmal schießt der Autor in meinen Augen über das Ziel hinaus. Die Gefühlslage des Protagonisten wird sich über fast die gesamte Länge des Buches kaum entwickeln, das heißt auch auf Seite 260 ertrinkt Julien in seinem Brief an die Tote, der mit den Worten „Hélène, du mein geliebtes Wesen“ ähnlich wie alle anderen beginnt,  in Selbstmitleid und Schwulst.

Immerhin bietet der Roman einiges an Pariser Lokalkolorit und französische Lebensart, hervorgerufen vor allem durch immer wieder eingeflochtene Gallizismen.

Das erwartbare Happy End ist allerdings ziemlich früh vorhersehbar, so dass auch etwaige Überraschungen in der Handlung ausbleiben. Spannung daher ebenfalls leider Fehlanzeige.

Schade, denn wie gesagt, die ersten Bücher des Autors (wer auch immer er/sie ist) haben mir wirklich gut gefallen.

Nicolas Barreau: Die Liebesbriefe von Montmartre
Piper, November 2019
Taschenbuch, 325 Seiten, 10,00 €

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